Folge 10: mit Oliver Huizinga
Shownotes
Deutschland belegt bei der Prävention europaweit den vorletzten Platz: nicht beim Geldausgeben, aber bei der Umsetzung wissenschaftlich empfohlener Präventionsmaßnahmen. In der aktuellen Ausgabe des „G+G Kassentreffens“ spricht Oliver Huizinga mit Linda Peikert und Ralf Breitgoff darüber, was Deutschland falsch und die meisten Länder Europas in Sachen Prävention einfach besser macht.
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Transkript anzeigen
00:00:02: Ge und Ge kassentreffen.
00:00:04: Wer kommt,
00:00:05: was geht?
00:00:06: Der Podcast von Gesundheit und Gesellschaft zu Trends und Perspektiven in der Gesundheitspolitik.
00:00:14: Hallo Linda, wie hältst du es eigentlich mit gesunden Lebenswandel?
00:00:17: Wann hast du deine letzte Currywurst gegessen?
00:00:20: Hey Ralf, also ich glaube an meine letzte Currywurst erinnere ich mich gar nicht mehr.
00:00:23: Ich bin jetzt schon seit vielen Jahren vegetarisch.
00:00:27: Aber ich habe schon so meine anderen Laster.
00:00:29: Also ich habe es zum Beispiel kurz vor der Aufzeichen noch so ein Schokokeks gegessen.
00:00:33: Wie ist das bei dir denn?
00:00:35: Heikles Thema.
00:00:36: Die letzte Bratwurst habe ich im Stadion gegessen.
00:00:40: Das ist aber schon über vier Wochen her.
00:00:42: Ich fahre viel Fahrrad.
00:00:45: In der Stadt lasse ich eigentlich das Auto meistens stehen.
00:00:47: Bis zu einer Knieverletzung habe ich regelmäßig Fußball gespielt.
00:00:51: Sport spielt also eine Rolle.
00:00:53: Aber Joggen ist überhaupt nicht mein Thema.
00:00:56: Manchmal trinke ich gerne ein Bier, auch zwei oder ein Weißwein.
00:00:59: Das war früher einmal deutlich mehr.
00:01:02: Und mit dem Rauchen habe ich eigentlich nach langer Zeit vor fünfzehn Jahren
00:01:05: aufgehört.
00:01:06: Eigentlich?
00:01:08: Ja, manchmal rauche ich auch noch gerne eine Zigarette, aber nicht mehr bis zu zwei Schachteln am Tag wie früher, sondern maximal zwei Schachteln im Jahr.
00:01:16: Wenn überhaupt.
00:01:17: Naja, zwei Schachteln im Jahr, das ist ja relativ übersichtlich.
00:01:20: Was all diese Dinge angeht, nimmt Deutschland aber auch nicht gerade in Spitzenplatz ein.
00:01:24: Das zeigt der Public Health Index, den der AUK Bundesverband zusammen mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum erstellt hat.
00:01:31: Ein Fazit, wir stecken in Deutschland viel Geld in die Gesundheit, aber die Ergebnisse sind nicht besonders gut.
00:01:38: Die meisten Länder in Europa haben zum Beispiel eine deutlich höhere Lebenserwartung als wir.
00:01:42: Der Leiter der Abteilung Prävention beim AOK-Bundesverband Oliver Häusinger hat intensiv am Public Health Index mitgearbeitet.
00:01:52: Er ist heute unser Gast im G&G-Kassentreffen.
00:01:54: Wir wollen wissen, was seine Ideen sind, wie wir bei der Prävention und Gesunderhaltung besser werden können.
00:02:01: Mein Name ist Ralf
00:02:03: Breikoff.
00:02:03: Und ich bin Linda Peikert.
00:02:07: Herzlich willkommen, Herr Häusinger.
00:02:08: Herr
00:02:09: Häusinger, wann haben Sie das letzte Mal gesündigt?
00:02:11: Oder was sind Ihre größten Laster?
00:02:14: Ja, also so ein richtiges Laster, von dem ich seit ewig denke, das müsste ich unbedingt los werden.
00:02:20: Habe ich zum Glück nicht mehr, was ich aber schon feststelle.
00:02:24: Also ich schaff's zu selten in die Natur.
00:02:27: Das ist, glaube ich, auch typisch für viele Großstadtbewohner.
00:02:30: Obwohl wir wissen, dass das der Gesundheit und im Allgemeinen wohlbefinden sehr zuträglich wäre, schaffe ich das zu selten.
00:02:36: Zum Glück habe ich aber auf dem Fahrradweg den Berliner Tiergarten.
00:02:39: Das ist dann ein kleiner Ausgleich.
00:02:41: Aber das ist sicherlich eine Sache, die ich noch verbessern kann, öfter rauszufahren.
00:02:45: Haben Sie irgendwelche Mechanismen, Instrumentarien entwickelt, das vielleicht doch häufiger zu schaffen?
00:02:50: Naja, also ich beschäftige mich ja, habe ja das große Glück, mich hauptberuflich mit der Frage befassen zu dürfen, wie können wir das Gesundheitsverhalten in der Bevölkerung verbessern.
00:03:00: Deswegen also klar, wenn ich mich tagtäglich mit diesen ganzen Dingen befassen darf, dann beeinflusst das auch mein Verhalten.
00:03:07: Aber ich muss auch sagen, das kann man ehrlich gesagt nicht voraussetzen.
00:03:10: Wir müssen es ja irgendwie hinbekommen, dass auch Menschen, die nicht hauptberuflich sich damit befassen, irgendwie es schaffen ein gesünderes Leben zu führen.
00:03:17: Bevor wir uns es erinnertlich intensiver mit dem Public Health Index beschäftigen, vielleicht nochmal ganz allgemein, was war denn der Auslöser zur Erstellung des PHI?
00:03:27: Ich war in den letzten Jahren viel auf Veranstaltungen, zum Beispiel im Bereich der Tabakpolitik und Tabakprävention oder auch im Bereich von Ernährung.
00:03:38: Und anderen Veranstaltungen, wo ich immer wieder festgestellt hab, die Diskussionen sind sehr ähnlich.
00:03:43: Also man beklagt oft, dass Deutschland hinterherhängt im europäischen Vergleich, man schaut ins Ausland und sagt, warum können wir nicht dieses oder jenes mal uns anschauen und auf Deutschland übertragen.
00:03:56: Und mein Gedanke war diese Diskussion, die in diesen verschiedenen Blasen geführt werden, dass wir das eigentlich mal zusammenbringen müssen und auch mal schauen müssen, gibt es da vielleicht Muster, also die vielleicht auch bei der Tabakprävention, Alkoholprävention, Ernährung, die ähnlich sind und wo Deutschland so strukturell anscheinend etwas falsch macht im Vergleich zu europäischen Nachbarn.
00:04:17: Und was sind jetzt die Ergebnisse ihrer Untersuchungen?
00:04:21: Wir haben uns angeschaut, und zwar zusammen mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum, zusammen mit renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehrerer Universitäten, haben wir uns angeschaut, was wird wissenschaftlich empfohlen, was Staaten unternehmen sollten, um Ernährungssituationen zu verbessern, Bewegung zu vereinfachen, um Tabak- und Alkoholkonsum einzudämmen und welche Staaten setzen davon eigentlich diese Maßnahmen um?
00:04:46: Und wie steht Deutschland im Vergleich?
00:04:49: Und das wesentliche Ergebnis ist nicht sehr schmeichelhaft für Deutschland, denn wir hinken bei gerade auch in der Tabakpolitik, Alkoholpolitik und Ernährungspolitik den internationalen Vorreitern weit hinterher.
00:05:03: Und das ausgerechnet bei den Maßnahmen, die laut wissenschaftlichen Erkenntnissen die größte Wirkung versprechen würden.
00:05:09: Ein Kriterium, was Sie angesetzt haben, um den Vergleich zu verdeutlichen, ist die Lebenserwartung.
00:05:17: Da hinkt Deutschland besonders hinterher im europäischen Vergleich.
00:05:21: Die Menschen werden hier nicht ganz so alt wie in anderen europäischen Ländern.
00:05:26: Welche Krankheiten reduzieren in Deutschland besonders stark die Lebenserwartung?
00:05:31: Wir haben wirklich ein krasses Missverhältnis, auch im Vergleich jetzt, wie viel Geld geben wir fürs Gesundheitswesen aus, nämlich so viel wie kein anderes Land in der EU?
00:05:40: und wie viel kommt dabei raus, also wie gesund ist die Bevölkerung.
00:05:45: Denn da hinken wir wirklich weit hinterher und rutschen auch in dem Ländervergleich immer weiter nach hinten zurück.
00:05:55: Und der Knackpunkt sind diese sogenannten nicht übertragbaren Erkrankungen, also Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ II-Diabetes, Adipositas, Krebs insbesondere.
00:06:05: Und Spander ist aber eigentlich noch da ein Level drunter zu gucken, woher kommen diese Erkrankungen, denn die haben oft auch gemeinsame zugrunde liegende Ursachen.
00:06:14: Und lauter OECD ist das so, dass letztlich vier von zehn Todesfällen in Deutschland auf eigentlich vier Faktoren im Wesentlichen zurückzuführen sind.
00:06:25: Das ist Rauchen, hoher Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel.
00:06:30: Das heißt, wenn wir hier ansetzen, können wir auch viele Potenziale heben und den Gesundheitszustand der Bevölkerung wirklich messbar verbessern.
00:06:38: Nur zwei Prozent der Deutschen haben sie herausgefunden, leben rund um gesund.
00:06:44: Woran scheitert ein gesunder Lebensstil in der Breite?
00:06:47: Also zunächst ums nur sicherzustellen, das haben nicht wir rausgefunden in dem Fall, sondern das ist eine Untersuchung der deutschen Krankenversicherung zusammen mit der Sporthochschule Köln gewesen.
00:06:57: Und die haben festgestellt, dass tatsächlich nur zwei Prozent der Menschen in Deutschland nach Eigenangaben ein rundum gesundes Leben führen.
00:07:06: Also von Ernährung, Überbewegung, über Alkohol, Tabak bis hin zum Stressmanagement.
00:07:13: Ja, woran das scheitert, ist die Frage schlechthin, weil viele Sachen wissen wir ja eigentlich.
00:07:19: Wir wissen ja, dass wir uns mehr bewegen sollten.
00:07:21: Wir wissen auch, dass wir mehr Gemüse essen sollten, nicht so viel Süßes, keine Limo, möglichst wenig Alkohol, nicht rauchen.
00:07:27: Das sind jetzt keine Dinge, an denen wirklich das Wissen mangelt.
00:07:32: Die Umsetzung fällt vielen Menschen offenkundig sehr schwer.
00:07:36: Und die Forschung der sogenannten Public Health dieser Disziplin hat im Wesentlichen eine Erklärung dafür, dass die Umgebungen, in denen wir aufwachsen, in denen wir leben, in denen wir arbeiten, in denen wir älter werden, dass sie die unser Verhalten viel mehr beeinflussen, als uns das im Alltag so bewusst ist.
00:07:55: Es ist viel mehr ein Ergebnis der Umgebungsfaktoren, wenn gesundes Essen teurer ist als Ungesundes Essen, dann beeinflusst das die Menschen in ihrer täglichen Entscheidung.
00:08:09: Wenn ungesunde Produkte flächendeckend überall beworben werden, dann beeinflusst das uns in unserer täglichen Entscheidung.
00:08:16: Und diese Faktoren, die sogenannten Determinanten der Gesundheit, also die um... Einflussfaktoren von außen, die sind viel stärker, als uns das meistens in unserem dichten Alltag so bewusst wird.
00:08:29: Wie beeinflussen soziale Ungleichheiten in diesem Zusammenhang unser Gesundheitsverhalten?
00:08:34: Der sozioökonomische Status, also das Einkommen, die formale Bildung, aber auch der berufliche Stand der Eltern, der beeinflusst sehr stark, wie Menschen leben.
00:08:45: Auch das ist ja etwas, das suchen sich die meisten Menschen ja nicht aus.
00:08:49: Das heißt, das ist schon mal auch eine Determinante von außen, in welche Familie werde ich zufällig geboren.
00:08:54: Und wir haben die Herausforderung, ausgerechnet die Gruppen zu erreichen mit einem gesünderen Verhalten, die besonderen Bedarf haben, also die sich besonders ungesund verhalten.
00:09:07: Die gehen zum Beispiel auch seltener zu Vorsorgeuntersuchungen, das weiß man mittlerweile.
00:09:13: Bisher war immer der Ansatz, da müssen wir noch gezielter und noch mehr die Personen dann weiterbilden und ihnen die Kompetenzen vermitteln und so.
00:09:21: Wenn man allerdings mal schaut, die Strategiekompetenzvermittlung, die greift genau bei den Gruppen weniger gut.
00:09:29: Das heißt, eigentlich ist es andersrum, wir müssen uns fragen, wie schaffen wir Rahmenbedingungen?
00:09:34: Die ist möglichst allen Leuten.
00:09:36: einfacher machen, sich gesünder zu verhalten.
00:09:38: Das ist der Schlüssel, um letztlich die gesundheitliche Ungleichheit zu verringern.
00:09:43: Und das sind halt sogenannte Maßnahmen der Verhältnisprävention, wo es also nicht in erster Linie darum geht, jetzt den Menschen zu erzählen oder zu vermitteln, was sie tun können müssten, sondern wo es in erster Linie darum geht, einfach die Umgebung so zu gestalten, dass es leichter fällt.
00:09:59: Wenn das Essen günstiger wird, was gesund ist, zum Beispiel durch eine Mehrwertsteuerbefreiung auf Obst und Gemüse, dann fällt das Genau den Menschen, die besonders aufs Geld achten müssen, natürlich auch leichter sich gesünder zu ernähren.
00:10:10: Und diese Maßnahmen müssen wir stärker in den Blick nehmen.
00:10:14: Und das ist ja auch das wesentliche Ergebnis des Public Health Index, dass wir genau bei diesen Maßnahmen bisher in Deutschland ziemlich wenig unternehmen und sehr wenig ambitioniert sind im Vergleich zu unseren europäischen
00:10:26: Nachbarn.
00:10:27: Das bin ich gerade sehr spannend, was Sie gesagt haben.
00:10:30: Wenn ich mir jetzt eine alleinerziehende Person in eine prekären Anstellung vorstelle, kann ich natürlich verstehen, dass die Person vielleicht nicht die Zeit hat, zu sämtlichen Vorsorgeuntersuchungen zu gehen.
00:10:40: Was kann man denn daran ändern?
00:10:42: Das Entscheidende ist, die gesundheitlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass es einfacher wird.
00:10:48: Also, wenn Menschen in einer schwierigen Situation sind, wo sie wenig Ressourcen haben, sich zum Beispiel um ihre Gesundheit zu kümmern, hilft es natürlich, wenn zum Beispiel dass Essen dann verändert wird, dahingehend, dass in der Kantine, da, wo man arbeitet, dass gesunde Essen nicht mit einem Aufpreis versehen ist, sondern vielleicht extra subventioniert wird.
00:11:07: Oder aber auch, wenn zum Beispiel die Kennzeichnung von Produkten so ist, dass sich im Supermarkt, auch wenn ich in einer sehr kurzen Zeit schnell einkaufen muss, weil ich einen dichten Alltag habe, nicht viel Zeit habe, dass ich nicht das Kleingedruckte von vierundzwanzig Verpackungen studieren muss und dann noch gegen den Rechnen muss, bis ich identifiziere, welches ist das gesündere Produkt.
00:11:26: sondern die Kennzeichnung sollte dann so sein, dass auf der Vorderseite der Verpackung unmittelbar erkenntlich ist.
00:11:31: Dieser Joghurt ist vielleicht die bessere Wahl oder dieses Müsli-Produkt ist gesünder als das andere.
00:11:36: Das heißt, wenn wir in einer Welt leben, in der es schnell, einfach, zugänglich und attraktiv ist, sich für die gesunde Wahl zu entscheiden, Dann hilft das allen und dann hilft das insbesondere denen, die wir besonders erreichen müssen.
00:11:50: Und das ist jetzt im Beispiel Ernährung, waren das jetzt zwei Indikatoren, die wir auch untersucht haben.
00:11:56: Aber wenn wir uns mal vielleicht auch die Frage der Alltagsbewegung anschauen, da ist es eine ganz banale Frage, ist zum Beispiel es in meiner Umgebung, in meiner Kommune sicher?
00:12:09: und gut entspannt möglich,
00:12:11: aktiv
00:12:12: zur Arbeit zu kommen, zum Beispiel mit dem Fahrrad oder eben zu Fuß, mit dem ÖPNV, oder ist die ganze Stadt oder die ganze Umgebung total auf den Autoverkehr ausgelegt.
00:12:22: Das beeinflusst natürlich auch die Frage, ob die Leute sich trauen.
00:12:27: mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren.
00:12:29: Und das mag jetzt banal klingen, aber da sind die großen Potenziale.
00:12:34: Also, wenn wir es schaffen, dass die Alltagsbewegung im Durchschnitt in der Bevölkerung nur um wenige Minuten gesteigert wird, dann hätte das schon riesige Effekte auf die gesamtgesellschaftliche Krankheitslast.
00:12:46: Solche Kennzeichnungen haben wir zum Teil schon an manchen Produkten?
00:12:52: Es gibt im ... Kleingedruckten auf der Rückseite, Tabellen, die ehrlich gesagt sehr viel voraussetzen, bis man wirklich versteht, was genau da drin ist und die auch erstmal voraussetzen, dass man gut lesen kann, weil das Kleingedruckte oftmals sehr, sehr kleine Schrift hat und manchmal ja auch noch irgendwie schwierige Kontrastverhältnisse.
00:13:13: Und es gibt auf der Vorderseite bei sehr, sehr wenigen Produkten, den sogenannten Nutri-Score.
00:13:19: Das ist eine Lebensmittelampel aus Frankreich ursprünglich entwickelt, aber die ist halt auch nur auf sehr wenigen Produkten, weil es freiwillig ist für die Anbieter.
00:13:29: bringt dann in der Form recht wenig, weil wenn ich am Regal stehe und ich möchte mich für ein Müsli oder einen Joghurt entscheiden und will auf die Schnelle sehen, was ist jetzt die gesündere Wahl, dann bringt es mir herzlich wenig, wenn von fünf Produkten nur eins mit diesem Kennzeichnungsmodell ausgestattet ist.
00:13:45: Also dann kann ich ja gerade nicht vergleichen, sondern ja, kann ich nur eins erkennen, aber die anderen nicht.
00:13:51: Und deswegen brauchen wir da tatsächlich Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, diese Wahl schnell zu treffen.
00:13:58: auf guter Informationsbasis und deswegen müsste dann so ein Kennzeichnungsmodell zum Beispiel verbindlich sein und nicht freiwillig für die Hersteller.
00:14:06: Wenn wir jetzt nochmal ins europäische Aussand schauen, was machen denn die anderen besser?
00:14:10: Was könnten wir vielleicht noch von denen lernen?
00:14:14: Also in der Ernährungspolitik, wenn wir kurz bei dem Beispiel bleiben, da hat sich insbesondere Großbritannien jetzt zuletzt hervorgetan, dass sie recht viele Maßnahmen ergreifen, die auch tatsächlich fachlich auch von der Weltgesundheitsorganisation eindeutig so empfohlen werden.
00:14:30: Zum Beispiel ist es dort gelungen, dass durch steuerliche Anreize die Zuckergehalte in den Softrings wirklich dramatisch zurückgegangen sind.
00:14:40: Viel, viel stärker als das in Deutschland im gleichen Zeitraum der Fall war.
00:14:45: Und auch ab Januar nächsten Jahres soll zum Beispiel die Werbung für ungesunde Lebensmittel eingeschränkt werden, das also nur noch gesund ist.
00:14:52: wirklich so beworben wird, dass das die vor allen Dingen Kinder und Jugendlichen auch erreicht.
00:14:57: Zudem gibt es auch Mindeststandards für die Schulverpflegung und sogar auch Regelungen, was darf dann an Snackautomaten in Schulen noch angeboten werden.
00:15:05: Also die machen wirklich politische Maßnahmen, die dazu führen sollen, dass vor allen Dingen Kinder und Jugendliche eine sogenannte Ernährungsumgebung auffinden, die nicht so stark auf viel Zucker, Fett und Salz und hochverarbeitete Lebensmittel ausgerichtet ist, sondern eben stärker auf gesündere Produkte.
00:15:24: Das ist jetzt ein Beispiel aus der Ernährung.
00:15:27: Und wenn wir jetzt mal ... Das Thema Alkohol, vielleicht uns anschauen.
00:15:31: Das ist ja auch ein großer Einflussfaktor.
00:15:33: Deutschland ist auch ein Hochkonsum-Land, muss man sagen, von Alkohol.
00:15:37: Und beispielsweise in den nordischen Staaten oder aber auch im Baltikum, wie in Litauen.
00:15:43: Dort hat man Maßnahmen ergriffen, die tatsächlich spannend sind, wenn man da auch teilweise sehr hohen Alkoholkonsum hatte.
00:15:52: Und die haben zum einen... Die Folgekosten stärker eingepreist, also die Produkte sind schlicht teurer geworden, die haben die Werbung eingeschränkt und auch teilweise zeitliche Verfügbarkeiten eingeschränkt.
00:16:08: Hierzulande kann man ja... Tag und Nacht, wenn irgendeine Versorgung immer sichergestellt ist, selbst im littlichen Raum, dann ist es Alkohol von der Tankstelle.
00:16:18: Das ist in den nordischen Staaten zum Beispiel ganz anders.
00:16:20: Da kann man Alkohol kaufen, aber halt zu normalen Öffnungszeiten in dezentierten Geschäften und nicht um drei Uhr nachts an jeder Tanke.
00:16:30: Das sind Maßnahmen, die offenkundig sehr, sehr gut funktionieren, wie man das in Litauen zeigen konnte.
00:16:34: Dort ist der Alkoholkonsum von einem sehr, sehr hohen Niveau deutlich zurückgegangen und man konnte sogar sehen, dass die alkohol-assoziierte Sterblichkeit verringert werden konnte.
00:16:44: Diese Maßnahmen haben ja immer dann viel damit zu tun, höhere Steuern, höhere Preise, mehr Gesetze, in der Folge mehr Verbote.
00:16:52: Es gibt dann natürlich auch Leute, die sagen, Wir wissen es ja, haben sie ja selber auch gesagt, wir wissen, um die Fallen bei der Ernährung, beim Drogenkonsum, Alkohol, Zigaretten, muss man da nicht eher die Menschen in ihrem Wissen stärken, als ihnen nur den Rahmen zu setzen und darauf zu hoffen, dass sie sich dann richtig verhalten.
00:17:18: Auf jeden Fall müssen wir das Wissen stärken, Kompetenzen vermitteln, Fähigkeiten vermitteln.
00:17:23: Also niemand sagt, dass wir das nicht tun sollten.
00:17:25: Der Knackpunkt ist, das tun wir bereits.
00:17:28: Und zwar schon viele Jahrzehnte.
00:17:29: Das ist ja sozusagen die Kernstrategie bisher mit... insgesamt dann doch begrenzten Effekten auf die Gesamtbevölkerung.
00:17:37: Also die Frage ist nicht, ob wir die Vermittlung von Kompetenzen und Fähigkeiten aufhören.
00:17:42: Ganz im Gegenteil, natürlich müssen wir das weiter tun und weiterhin stärken.
00:17:45: Die Frage ist, ob wir diese Strategie durch gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen ergänzen.
00:17:51: Und da ist Deutschland einfach sehr, sehr zögerlich.
00:17:54: Und wenn Sie jetzt die einzelnen Maßnahmen angesprochen haben, also in ganz vielen Fällen geht es gar nicht unbedingt um Einschränkungen für die Betroffenen oder für die Menschen.
00:18:06: Beispielsweise jetzt bei den ganzen ernährungspolitischen Fragen.
00:18:08: Also da geht es ja erstmal um Wahlfreiheit.
00:18:10: Kann ich das erkennen, was ich da kaufe?
00:18:12: Habe ich gesundes Essen in der Kantine?
00:18:14: Also das ist jetzt kein Verbot für den Menschen.
00:18:17: Ganz im Gegenteil.
00:18:18: Das ist ja eher eine Ermöglichung.
00:18:20: Und wenn man jetzt mal weiß nicht, ob sie zuletzt in Irland oder in Norwegen meinem Urlaub waren.
00:18:26: Haben sie sich da jetzt in ihrer individuellen Freiheit ganz stark beschränkt gefühlt?
00:18:31: Also das war ich wirklich zu bezweifeln.
00:18:33: Das sind freie, freie Länder, freie westliche, liberale Demokratien mit sehr hohem Lebensstandard.
00:18:41: Und ich glaube nicht, dass man dieses Bild, das wäre dann eine ganz schlimme gesundheitliche Bevormundung.
00:18:48: auch nur im Ansatz gerechtfertigt ist, bei denen Maßnahmen, über die wir jetzt zum Beispiel in Irland, in Norwegen oder auch jetzt in Litauen sprechen.
00:18:58: Sie haben gesagt eben, wir tun ja auch schon eine ganze Menge.
00:19:04: Die AUK tut auch eine ganze Menge schon im Bereich auch dieser Verhältnisprävention.
00:19:11: Zum Beispiel mit dem Kinderprogramm Julinchen für Kitas und Schulen, mit dem Kindertheater Henrietta, was lange Zeit unterwegs war.
00:19:22: Die AOK engagiert sich außerdem, wenn wir auf den Erwachsenenbereich schauen, in der berichttrieblichen Gesundheitsförderung auch schon seit Jahren.
00:19:29: Wenn Sie jetzt diese PHI-Ergebnisse sehen, sind am Ende diese Maßnahmen dich doch ein Stück weit gescheitert?
00:19:37: Nein, also gescheitert nicht, denn Wir sind ja sehr erfolgreich mit den Maßnahmen und den Mitteln, die wir haben.
00:19:46: Wir haben sehr gerade richtig angesprochen, Angebote von der Kita über die Schule, über die Kommune, über die Betriebe, bis hin auch in stationäre Pflegeheime.
00:19:56: Da gibt es überall Präventionsangebote.
00:19:58: Es gibt auch einen klaren gesetzlichen Rahmen, in dem sich die Krankenversicherung engagieren.
00:20:03: Die AOK tut das ganz besonders.
00:20:06: Aber ehrlicherweise tun das wirklich auch die anderen gesetzlichen Krankenversicherungen.
00:20:10: Die Strategie ist nicht gescheitert.
00:20:13: Wir müssen aber feststellen, dass wir zusätzliche unterstützende Rahmenbedingungen brauchen.
00:20:19: Ich mach's mal ganz praktisch am Beispiel.
00:20:21: Es ist ja kein Wunder, dass, wenn ich jetzt ein Superprogramm hab in der Schule, und da geht es dann um mehr Bewegung zum Beispiel.
00:20:29: Und wie gut das wäre, mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren und die Vorteile der Alltagsbewegung werden da vermittelt und die Kinder nehmen das mit nach Hause.
00:20:39: Und wenn dann aber keine sicheren Schulwege da sind, wo ich dann auch mit gutem Gewissen als Eltern das Kind aufs Fahrrad setzen kann, dann muss das ja verpuffen.
00:20:50: Und das ist so ein bisschen, was wir auch... darstellen und erklären wollen.
00:20:54: Wir brauchen unterstützende Rahmenbedingungen, damit die Angebote zur Befähigung und der Vermittlung der Kompetenzen auch besser wirken können.
00:21:03: Dass wir das auf der Bevölkerungsebene in den Krankheitsdaten bisher nicht ausreichend sehen, zeigt einfach, dass wir weitergehende Maßnahmen brauchen und dass das nicht allein eine Frage ist, die die Sozialversicherungen die ja bisher im sogenannten Präventionsgesetz angesprochen werden.
00:21:22: Wir können das nicht alleine.
00:21:23: Also wir brauchen da den Bund, wir brauchen die Länder, wir brauchen die Kommunen, wir müssen da gemeinschaftlich dran arbeiten und da gibt es einfach noch großes Aufholpotenzial.
00:21:32: Ja, finde ich sehr interessant, weil beim Stichwort Prävention denkt man ja erstmal gar nicht unbedingt an Stadtplanung, da lerne ich heute auch noch sehr viel Neues.
00:21:41: Lassen Sie uns aber noch mal kurz in die juristische Richtung blicken.
00:21:44: Das aktuelle Präventionsgesetz von twenty-fünfzehn ist ja inzwischen ein bisschen Jahre gekommen.
00:21:49: Bräuchten wir da vielleicht auch mal was Neues und was sollte da so drinstehen?
00:21:53: Ja, auf jeden Fall brauchen wir da einen Neuanlauf, denn das Präventionsgesetz aus dem Jahr twenty-fünfzehn, das adressiert in erster Linie die Sozialversicherung.
00:22:03: Und das hat einen guten gesetzlichen Rahmen geschaffen und hat auch wirklich gute Auswirkungen gehabt.
00:22:08: Also zum Beispiel auf die gesetzlichen Krankenversicherung ist das so, dass wir den allergrößten Teil der Mittel verwenden für sogenannte Lebenswelt bezogenen Angebote.
00:22:19: Das heißt Angebote in der Kita, in der Schule, in der Kommune, in den Betrieben, die bilden einfach das Fundament der Arbeit der gesetzlichen Krankenversicherung in der Prävention Gesundheitsförderung.
00:22:30: Und das ist auch eine Folge des Präventionsgesetzes.
00:22:33: Was allerdings noch nicht da drin adressiert ist, sind diese ganzen Themen, über die wir gerade gesprochen haben, die gesundheitlichen Rahmenbedingungen, man nennt das dann auch gesundheitsförderliche Gesamtpolitik, weil wir ja feststellen, dass wir eigentlich über Familienpolitik, Kinder- und Jugendschutzregelungen zum Beispiel sprechen müssten, dass wir, also wenn es jetzt um die Altersgrenzen zum Beispiel geht, verschiedene Konsumgüter, das regelt, so gesehen dann im Ressortzuschnitt politisch, liegt das in der Zuständigkeit des Familienministeriums.
00:23:05: Sachen der Stadtplanung liegen in Zuständigkeit der Verkehrsministerien, Fragen der Ernährung liegen in der Zuständigkeit der Ernährungs- und Landwirtschaftsressorts.
00:23:15: Also wir sehen, dass wir da an ganz vielen Stellen eigentlich zusammenarbeiten müssen.
00:23:19: Und das macht das Präventionsgesetz bisher noch nicht.
00:23:22: Das Präventionsgesetz ist so angelegt, dass es ausschließlich auf den Handlungsrahmen in den Sozialgesetzbüchern schaut, also die Sozialversicherung, insbesondere die gesetzlichen Krankenversicherungen, aber die ganzen anderen Themen, über die wir gerade gesprochen haben, die sind da bisher nicht abgebildet.
00:23:39: Und das ist auch unsere zentrale Forderung, dass das neue Präventionsgesetz, was ja angekündigt wurde schon von der Bundesregierung, dass wir da wirklich ein Fokus auf die gesundheitsförderliche Gesamtpolitik legen und dass wir diese ganzen Rahmenbedingungen nicht einfach unter den Tisch fallen lassen können, weil die letztlich super wichtig sind, damit wir im Gesamtergebnis auch Erfolg haben und eine gesündere Bevölkerung nützt an Ende allen.
00:24:04: Also von den Arbeitgebern bis hin zur gesamten Volkswirtschaft, denn eine gesündere Bevölkerung hat eine höhere Produktivität, weniger Arbeitsausfälle, weniger Frühverrentungen, sogar auf die Frage des vorzeitigen Renteneintritts hat das ganze einen Einfluss.
00:24:21: Also Wir haben sehr, sehr viel zu gewinnen, wenn wir hier mutig voranschreiten und uns von anderen Ländern auch Dinge abschauen.
00:24:29: Wenn wir über Gesundheitspolitik sprechen, ist mir eben auch Geschächtergerechtigkeit immer besonders wichtig.
00:24:34: Wie müsste denn eine moderne Präventionspolitik aussehen, die genderspezifische Unterschiede auch ernst
00:24:41: nimmt?
00:24:41: Ja, die größten genderspezifischen Unterschiede bei der Prävention sind, glaube ich, Anders als das, worauf sie jetzt wahrscheinlich hinaus wollen, weil in der Behandlung gibt es ganz viele Lehrstellen.
00:24:53: bei der Frage, was betrifft Frauen, welche Symptome gibt es da, werden die richtig erkannt.
00:24:58: In der Prävention ist es so, dass wir die Frauen eigentlich viel besser erreichen.
00:25:03: Also da ist eigentlich der größte genderspezifische Unterschied, dass die Männer so schwierig zu erreichen sind mit den Angeboten.
00:25:09: Und die sind ja auch, wenn man jetzt mal auf die Lebenserwartung wieder schaut, leben die etwa fünf Jahre.
00:25:15: weniger lang als Frauen in Deutschland.
00:25:18: Das heißt, der größte genderspezifische Unterschied wäre, dass wir es schaffen, dass auch bei der Zielgruppe Männer offenbar eine besonders schwierige Zielgruppe in dem Kontext ankommt, was für große Vorteile auch ein gesundes Leben hat.
00:25:33: Und das schaffen wir, glaube ich, insbesondere, indem wir wirklich es auch den Männern möglichst einfach machen, sich gesünder zu verhalten und sicherlich auch ein bisschen das Männerbild sukzessive verändern müssen.
00:25:47: Also die toxische Männlichkeit hat viel damit zu tun, dass sich Männer auch ungesünder verhalten.
00:25:52: Das wissen wir aus der wissenschaftlichen Forschung.
00:25:54: Und wenn sich dieses Männerbild ein Stück weit verändert, dann können wir auch die geschlechter spezifischen Unterschiede, denke ich, perspektivisch überwinden.
00:26:03: Ich habe zu geschlechter sensibler Prävention mich mal ein bisschen auseinander gesetzt, wo dann oft das Stichwort gefallen ist.
00:26:09: Kehrarbeit, Mehrfachbelastung, dass Frauen zwar tendenziell ihr Präventionsangebote annehmen, aber trotzdem durch die gesamte Doppel- oder Mehrfachbelastung da auch noch ein bisschen Spielraum nach oben ist.
00:26:23: Wie sehen Sie das dann?
00:26:24: Keine Frage.
00:26:25: Also Fragen der Geschlechtergerechtigkeit betreffen extrem viele Politikfelder.
00:26:30: Das ist so ähnlich wie mit der Prävention.
00:26:34: Wenn wir wirklich jetzt auf diese Fragestellung gucken, wer schafft es ein gesünderes Leben zu führen?
00:26:39: Das ist ja Gegenstand des Public Health Index.
00:26:42: Und was ist mit Alkoholkonsum, Rauchen, mit gesunder Ernährung und Bewegung?
00:26:48: Da sind die Frauen den Männern weit voraus.
00:26:51: drei von vier dieser Themen.
00:26:53: Das muss man so sagen.
00:26:55: Lediglich bei der Alltagsbewegung haben die Männer ein bisschen bessere Daten.
00:27:00: Das heißt, wenn wir wirklich gucken, wo liegt das größte aufzuholende Potenzial für eine gesündere Bevölkerung bei den ganzen Stoffwechselerkrankungen, sind die Männer sozusagen die, die wir bisher weniger gut erreichen.
00:27:14: Karl Lauterbach ist als Bundesgesundheitsminister der Ampel mit seinem gesundes Herzgesetz schwer in die Kritik geraten, weil er Herzkreislauferkrankungen vor allem medikamentös und das teilweise schon bei Kindern behandeln lassen und denen vorbeugen wollte.
00:27:32: Das Gesetz wurde letztlich nicht verabschiedet.
00:27:35: Dennoch, was halten Sie von solchen Ansätzen?
00:27:37: Ja, wir sind, glaube ich, sehr froh, dass dieses Gesetz so in dieser Form nicht gekommen ist.
00:27:43: Also es klingt ja erstmal sinnvoll, was gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu machen.
00:27:47: Und das ist auch super wichtig, weil es ist tatsächlich eine der ganz, ganz großen Belastungen für die Gesamtgesellschaft, dass wir so eine hohe Last an Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben.
00:27:56: Aber Herr Lauterbach wollte prioritär früher erkennen und früher behandeln, anstatt die Ursachen anzugehen, die diese ganzen Herz-Kreislauf-Erkrankungen eigentlich erst entstehen lassen.
00:28:08: Also die Vermeidung stand einfach überhaupt nicht im Vordergrund bei dieser ganzen Initiative.
00:28:14: Und das haben von ganz vielen Seiten, ehrlich gesagt, das haben die allgemeinen Mediziner sehr stark kritisiert, das haben die gesetzlichen Krankenversicherungen sehr stark kritisiert.
00:28:23: Herr Lauterbach wollte sogar, dass wir letztlich Medikamente aus einem Mitteltopf, aus Mitteln bezahlen, die wir eigentlich für Präventionsangebote nutzen sollen, also für Präventionskurse.
00:28:37: Und das waren dann so Sachen, bei denen Herr Lauterbach sehr, sehr scharfe Kritik sich eingehandelt hat von verschiedensten Seiten und das war sicherlich auch ein Grund, warum es dann nicht so schnell zu einer Einigung kam.
00:28:49: Ja, und dann ist die Ampel geplatzt und dann war das Gesetz auch vom Tisch.
00:28:54: Wenn wir Herz-Kreislauf-Erkrankung angehen wollen, was ein superwichtiges Anliegen ist, dann wäre der Public Health Index sehr, sehr gut zu studieren, denn da können wir wirklich gucken, was machen Länder eigentlich anders bei den Ursachen.
00:29:07: dieser ganzen Erkrankung.
00:29:09: Und da hat Deutschland eben viel aufzuholen.
00:29:11: Ich will noch mal auf den Public Health Index zurückkommen, insbesondere auf das Kriterium der Lebenserwartung.
00:29:19: Ich will Ihnen auch sagen, warum.
00:29:21: Ich habe da so eine ganz persönliche Erfahrung.
00:29:24: Mein Vater ist vor zwei Wochen unverschämt gesund, neunzig Jahre alt geworden.
00:29:31: Schön.
00:29:33: Sag ich auch, sagt er von sich sicherlich auch.
00:29:36: Natürlich springt er nicht mehr wie ein junges Reh durch die Stadt.
00:29:39: Meine Mutter ist vor dreieinhalb Jahren mit neunundachtzig Jahren gestorben, sagt man im ersten Moment auch.
00:29:46: Schönes Alter.
00:29:49: Sie selbst hatte für sich selber den Eindruck, die letzten, sagen wir mal, acht, neun Jahre hätte es nicht mehr gebraucht.
00:30:00: Kann Lebenserwartung ein qualitatives Merkmal sein?
00:30:06: Nicht alleine.
00:30:06: Also das ist ein Parameter, den man so nutzt, um... wirklich auf der ganz Bevölkerungsebene Länder Vergleiche machen zu können, um sich dann zu fragen, oh, wenn da was auffällig ist, muss man tiefer reingucken.
00:30:20: Also, das ist kein Kriterium für sich genommen.
00:30:23: Es gibt auch vor allen Dingen die tiefer legende, dann aber natürlich auch kompliziertere Variante, sich die gesunden Lebensjahre anzuschauen, also den Healthy Life Year Span, das ist dann noch mal eine andere Kategorie.
00:30:38: Für Deutschland macht das aber wenig Unterschied, ob wir uns jetzt die gesunden Lebensjahre angucken oder die Lebenserwartung bei geburt.
00:30:47: Wir schneiden bei beiden Kriterien nicht besonders gut ab, deswegen nicht überinterpretieren.
00:30:53: Das ist nicht das einzige Kriterium, aber auch wenn man tiefer reinguckt.
00:30:57: dann ist das natürlich schon auffällig, dass das Deutschland trotz dieser sehr, sehr hohen Ausgaben offenbar viel aufzuholen hat.
00:31:06: Und das ist jetzt so abstrakt, aber was heißt das?
00:31:08: Mehr gesunde Lebensjahre für die Einzelnen.
00:31:11: Das heißt, ob ich meine Enkelkinder aufwachsen sehe und mit den spielen kann ja also das ist nicht so eine ganz abstrakte sache.
00:31:19: oder haben wir irgendwie statistischen wert erreicht und dann ist das positiv oder so in zero coma drei jahre mehr und dann haben wir was tolles.
00:31:25: sondern für die einzelnen betroffenen für die einzelnen menschen bedeutet das total viel und auch Lebensqualität, ob ich die letzten Lebensjahre vorrangig damit befasst bin, von Behandlung zu Behandlung zu Behandlung in einem schlechten Gesundheitszustand zu verbringen, oder ob ich eben ein gesundes Leben führen kann, ein möglichst langes gesundes Leben führen kann.
00:31:46: Das macht natürlich für die Individuen einen großen Unterschied.
00:31:49: Und da kann die Politik viel zu beitragen, dass das Menschen leichter fällt.
00:31:54: Herzlichen Dank, Herr Häusinger.
00:31:56: Ich finde, Sie machen wirklich ... Lust darüber nachzudenken, ob man noch das eine oder andere Laster selber abschafft.
00:32:02: Jetzt abschließend möchte ich Sie gerne mal fragen, was gibt es denn heute Abend zum Abendessen?
00:32:08: Was gibt es heute Abend zum Abendessen?
00:32:09: Also heute ist ja Freitag und wir wollen noch essen gehen, meine Frau und ich.
00:32:14: Aber genau wo es jetzt hingeht, muss ich sagen, das entscheidet sie.
00:32:19: Das hängt auch jetzt sehr an den Stundenweise, worauf sie gerade Lust hat und das ändert sich auch sehr spontan.
00:32:26: Manchmal.
00:32:26: sie ist nämlich gerade im neunten Monat schwanger.
00:32:28: Und das heißt, ich entscheide da jetzt weniger, ehrlich gesagt, das ist voll und ganz in ihrer Entscheidungsmacht.
00:32:36: Monat schwanger, hoffe ich, dass es heute Abend überhaupt noch mit dem Essen klappt und nicht woanders in der Krankenhauskantine.
00:32:41: Was ein schöner Anlass wäre.
00:32:43: Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall einen guten Appetit Ihrer Frau viel Glück
00:32:47: und
00:32:48: viel Gesundheit.
00:32:49: Herzlichen Dank.
00:32:50: Ich habe zu danken.
00:32:53: Das war Oliver Heusinger, Leiter der Abteilung Prävention im AOK-Bundesverband.
00:32:58: Der Public Health Index ist übrigens mit allen Daten und Schlussfolgerungen im Presse- und Politikportal der AOK abrufbar und zwar unter www.aok.de.
00:33:13: Das G&G-Karzentreffen geht jetzt in die Advents- und Weihnachtspause.
00:33:17: Wir melken uns im Januar wieder.
00:33:19: Zu Gast dann ist die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Dr.
00:33:24: Susanne Jona.
00:33:26: Falls ihr Fragen haben, schreibt uns gerne unter redaktionatgg-digital.de und schreibt auch gerne einen Kommentar bei Spotify.
00:33:36: Das hilft uns wie Reichweite.
00:33:37: Mein Name ist Linda Peichert.
00:33:40: Und ich bin Ralf Breitkopf.
00:33:44: Trends und Perspektiven der Gesundheitspolitik beim G&G-Kassentreffen.
00:33:49: Weitere Infos finden Sie unter gg-digital.de.
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