Folge 8: mit Katrin Staffler
Shownotes
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Transkript anzeigen
00:00:02: Ge und Ge kassentreffen.
00:00:04: Wer kommt,
00:00:05: was geht?
00:00:06: Der Podcast von Gesundheit und Gesellschaft zu Trends und Perspektiven in der Gesundheitspolitik.
00:00:15: Hallo Ralf, wie war der Urlaub?
00:00:16: Warst du denn überhaupt unterwegs im Sommer?
00:00:18: Ja, ich war eine Woche auf der Radtour in Ostfriesland und eine Woche habe ich die Sonne im Garten genossen.
00:00:23: Und selbst?
00:00:24: Das hört sich ja richtig schön unentspannt an.
00:00:27: Ich war jetzt im Sommer noch nicht unterwegs.
00:00:29: Ich hoffe aber auf einen Kurztrip im Herbst.
00:00:32: Und ansonsten habe ich natürlich die Zeit genutzt, um mich ein bisschen mit den gesundheitspolitischen Themen auseinanderzusetzen und habe mich schon auf die erste Aufnahme Kassentreffen im Herbst gefreut.
00:00:41: Und da war ja einiges los in der Sommerpause.
00:00:43: Zwei Gesetzentwürfe hat die Bundesregierung verabschiedet und direkt in der ersten Sitzungswoche dann in den Bundestag eingebracht.
00:00:49: Das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege und das Pflegefachassistenzeinführungsgesetz.
00:00:57: Aber nicht nur das.
00:00:58: Bundesgesundheitsministerin Nina Wagen hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter dem Titel Zukunftspakt Pflege ins Leben gerufen.
00:01:06: Bis Jahresende sollen Ergebnisse vorlegen.
00:01:08: Wir müssen also reden über Pflege.
00:01:10: Unser Gast heute ist die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Kathrin Staffler.
00:01:20: Frau Staffler, herzlich willkommen hier beim Kassentreffen.
00:01:24: Schön hier zu sein, vielen Dank für die Anladung.
00:01:26: Frau Staffler, ich habe im Zivildienst ambulante Krankenpflege gemacht.
00:01:30: Wann und wie sehen Sie das erste Mal mit Pflege und Gesundheit in Kontakt geraten?
00:01:34: Also zum ersten Mal tatsächlich so richtig persönlich auch mitbekommen, habe ich das bei meinen Großeltern.
00:01:39: Waren beide dann zum Ende hin auch pflegebedürftig und da kennt man natürlich dann zunächst mal das Setting mit einem ambulanten Pflegedienst ganz zum Schluss dann tatsächlich auch in einer stationären Einrichtung.
00:01:54: Da macht man so Erfahrungen, aber ich glaube, das ist ja das, was ganz viele Familien auch kennen.
00:01:58: Ich glaube, es gibt wahrscheinlich kaum eine Familie, die noch nicht mal irgendwie mit dem Thema pflege auch zu tun hat.
00:02:04: Deswegen wundert es mich immer so ein bisschen, dass das Thema so nicht in der Öffentlichkeit einfach auch stattfindet und häufig gar nicht so richtig darüber gesprochen werden will.
00:02:13: Liebe Frau Steffler, Sie sind Pflegebevollmächtigte.
00:02:16: Wie definieren Sie für sich die Rolle der Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung?
00:02:21: Eher am Anwältin der pflegebedürftigen Vermittlerin zwischen Politik und Praxis oder politische Gestalterin?
00:02:28: Am Ende wahrscheinlich so ein bisschen von allem.
00:02:30: Also zunächst mal gibt es natürlich den Einsetzungsbeschluss aus dem Kabinett.
00:02:34: Da ist ja sehr klar die Rolle an sich definiert.
00:02:37: Ich soll die Interessen der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen und Familien eben in den Gesetzgebungsprozess mit einbringen.
00:02:46: Ich will schon wirklich ganz aktiv dann auch an dem Entscheidungsprozess teilhaben und versuchen, so viel wie möglich im politischen dann eben auch mit einfließen lassen zu können.
00:02:55: Also ich versuche das Amt schon sehr politisch auch zu gestalten.
00:03:00: Sie bestimmen aber weder über das Geld noch über das Personal.
00:03:03: Sie können stellen nichts ein.
00:03:05: Was ist Ihre Vollmacht dann?
00:03:07: Ich glaube, am Ende des Tages ist es einfach eine laute Stimme zu erheben für all diejenigen, die mit Pflege zu tun haben.
00:03:16: Das heißt, weil sie selber pflegebedürftig sind oder weil sie selber eben beruflich eben in der Pflege unterwegs sind, also die Pflegekräfte.
00:03:24: Aber man kann im politischen dadurch, dass man tatsächlich mit Nachdruck auch die Interessen verfolgt, schon auch viel erreichen.
00:03:32: Ehrlicherweise ist es ja auch genauso angelegt, es darf kein Gesetz Denn das Kabinett verlassen, das mit Pflege zu tun hat, ohne dass ich vorher mal eingebunden war.
00:03:43: So, ich würde sagen, wir starten jetzt direkt mal rein in die Materie und zwar mit der Ausbildung.
00:03:48: Seit Jahrzehnt zwanzig gibt es die generalistische Ausbildung in der Pflege.
00:03:52: Das heißt, man unterscheidet... Ausbildungstechnisch nicht mehr zwischen Alten und Krankenpflege.
00:03:58: Die Zahl der neuen Ausbildungsverträge zur Pflegefachperson sind in den Jahren ist mit knapp neunundfünfzigtausendvierhundert auf einen Rekordwert gestiegen.
00:04:08: Hat sich dann diese Umstellung ausgezahlt.
00:04:11: Also ich weiß, dass das heiß diskutiert wird.
00:04:13: Am Ende des Tages, wenn wir uns die Zahlen anschauen, würde ich sagen, ja, denn es gibt ja auch nach wie vor die Möglichkeit, sich für die alte Ausbildung zu entscheiden.
00:04:23: Tatsächlich machen tun das nur ein Prozent der Auszubildenden.
00:04:27: Das zeigt ja allein schon, wie hoch die Nachfrage praktisch nach der generalistischen Ausbildung ist.
00:04:33: Auf der einen Seite, auf der anderen Seite, wenn man sich anschaut, wie viele junge Menschen sich für eine Ausbildung in der Pflege entscheiden.
00:04:40: und dass diese Zahl ja auch stetig steigt, obwohl die Zahl derjenigen, die aus der Schule kommen, die einen Abschluss gemacht haben, eher nach unten geht.
00:04:51: Dann glaube ich, muss man am Ende des Tages schon feststellen, es ist offensichtlich, hat es dazu beigetragen, dass das Berufsbild attraktiver wird, dass wir da noch nicht am Ende des Weges sind und dass wir da nach wie vor sehr, sehr viel zu tun haben.
00:05:04: Das stelle ich überhaupt gar nicht in Frage.
00:05:06: Also beispielsweise zum Beispiel bei der Zahl der Lehrkräfte.
00:05:09: Ich glaube, da haben wir doch noch ein bisschen Luft nach oben.
00:05:12: Grundsätzlich war der Weg, dass wir jetzt in Richtung Generalistik gehen, ein guter.
00:05:19: Und natürlich muss man über die Ausgestaltung dann noch sprechen, wie man auch da weiter vorangeht.
00:05:24: Aber die Zahlen zeigen uns ja eigentlich, dass wir auf einem guten Weg sind.
00:05:28: Gott sei Dank!
00:05:30: Die Quote der erfolgreichen Abschlüsse allerdings ist mit sechzig Prozent vergleichsweise niedrig.
00:05:36: andere Berufszweige kommen auf achtzig und neunzig Prozent.
00:05:41: Die Abbrecherquote liegt bei etwa dreißig Prozent.
00:05:45: Sind die Anforderungen zu hoch oder unter Stätzen die Auszubildenden die Belastung?
00:05:50: Ich glaube, dass wir tatsächlich noch mal stärker auch darüber nachdenken müssen, wie wir über das Berufsbild noch mal besser nachdenken können.
00:05:58: Ich glaube schon, dass es durchaus strukturelle Themen gibt, warum manchmal einfach Pflege vielleicht nicht unbedingt so attraktiv erscheint.
00:06:08: und an dieser Attraktivität des Berufs muss man arbeiten.
00:06:11: Und wenn am Schluss dann beispielsweise Auszubildende sagen, das ist jetzt doch nichts für mich, weil beispielsweise die Arbeitszeitmodelle, für mich nicht gut, also oder oder ich damit nicht gut klarkomme, dann ist das was, was wir durchaus ernst nehmen müssen.
00:06:27: Jetzt werden wir in der Pflege nie davon wegkommen, dass wir irgendwie in Schichten natürlich arbeiten müssen.
00:06:32: Aber ich glaube, da haben sich ganz viele Arbeitgeber jetzt auch schon auf dem Weg gemacht und haben angefangen, ganz innovative.
00:06:40: auch individuelle Modelle anzubieten, die dazu beitragen, dass sie erstens mal deutlich mehr Bewerbungen bekommen und zweitens auch die Zufriedenheit in der Mitarbeiterschaft deutlich größer ist.
00:06:53: Und wenn wir diesen Weg weitergehen, dann glaube ich, kommen wir auch da durchaus noch mal zu Verbesserungen.
00:06:59: Das schreibt ja alles auch ein Stück weit ineinander.
00:07:02: Aber auch viele erfahren Pflegekräfte berichten, dass sie den Beruf verlassen, weil die Belastung zu hoch ist.
00:07:06: Das kann ich auch tatsächlich aus meiner privaten Umfeld.
00:07:10: Was kann getan werden, um nicht nur neue Kräfte zu gewinnen, sondern eben auch die bestehenden zu halten?
00:07:16: Wir haben sehr lange aus meiner Sicht die Diskussion zu stark dominiert geführt von der Frage, was verdient man.
00:07:26: Und Gott sei Dank, und da bin ich wirklich sehr froh drum, und es war auch wirklich ein wichtiger Schritt, hat sich da sehr grundlegend was verändert.
00:07:34: Die Bezahlung im Beruf der Pflege ist mittlerweile deutlich, deutlich besser geworden.
00:07:42: Das heißt daran allein kann es jetzt nicht mehr liegen und deswegen sind wir jetzt an dem Punkt, hätte man vielleicht auch früher schon machen können, aber jetzt wird es halt so offensichtlich, die Bezahlung ist es nicht.
00:07:52: Und die Frage ist dann eben, woran liegt es dann?
00:07:54: Ich habe gerade schon gesprochen von dem Thema Arbeitszeiten.
00:07:58: Da mehr individuelle Möglichkeiten zu schaffen, dass jeder für sich auch eben am Ende des Tages entscheiden kann, in was für einem Arbeitszeitmodell oder wie will ich da arbeiten.
00:08:09: Das ist sicherlich was sehr hilfreich ist, was auch die Attraktivität steigert.
00:08:13: Aber jenseits dessen ist natürlich auch das Thema Was für Rahmenbedingungen setze ich jenseits der Arbeitszeiten?
00:08:20: Also ich sage jetzt mal, viele junge Leute wollen beispielsweise, finden es toll und finden es cool, wenn sie mit neuen Technologien arbeiten können, wo Digitalisierung eine große Rolle spielt, wo alle möglichen Hilfsmittel, die dazu beitragen, dass man seinen Job noch besser und eben Unterstützer machen kann, sodass man auch mehr Zeit und Möglichkeit Raum hat, sich dann tatsächlich um die Menschen auch zu kümmern.
00:08:46: Das sind alles Dinge, die, glaube ich, schon dazu beitragen, dass die Pflege auch wahrgenommen wird als moderner Beruf, ist der schöne Beruf, der sie eigentlich ist.
00:08:56: Ich glaube aber auch, dass da tatsächlich natürlich auch die Arbeitgeber eine große Verantwortung haben, da wirklich auch im Dialog mit ihren Mitarbeitern zu guten Lösungen zu finden.
00:09:08: Ja, man hört ja auch aus der Pflege immer wieder, Das Stichwort Bürokratie.
00:09:13: Es gibt unglaublich viel Bürokratie, der noch erledigt werden muss.
00:09:17: Gibt es da vielleicht auch einen Plan?
00:09:18: Wie wollen Sie die Bürokratie abbauen?
00:09:21: Also, dass die Pflegekräfte nicht mehr Zeit am Schreibtisch als... bei den Patienten verbringen.
00:09:27: Also das Thema Bürokratieabbau ist eines, das über allem steht für die ganze Bundesregierung und ich nehme dann die Pflege explizit nicht aus, weil ich glaube, da haben wir viel Verbesserungspotenzial, was die Vorschriften anbelangt.
00:09:40: Und das geht natürlich dann über viele Bereiche hinweg, was Dokumentationen anbelangt, bis hin wirklich zu der ganz kleinteiligen Dokumentation, wo dann tagtäglich festgelegt oder aufgeschrieben wird, was tatsächlich jetzt bei jedem Bewohner auch passiert ist, wie die Werte waren und so weiter.
00:09:59: Ich habe jetzt gerade über den Sommer auch viele Einrichtungen besucht, die da schon sehr innovative Wege auch gehen, digital gestürzt, wo man wirklich dann wirklich mit einem Handy, das man dabei hat, einfach ... im Morgens reingeht in das Zimmer.
00:10:15: Die Spracherkennung ist mittlerweile so gut, dass sie daraus sozusagen mehr oder weniger die Pflegedokumentation schon von selber erstellt und man am Schluss, wenn man rausgeht aus der Zimmertür, nur noch einmal durchliest, passt es und dann den Haken setzt und dann ist es sofort dokumentiert.
00:10:28: Da gibt es sehr viele Beispiele, wie sowas funktionieren kann.
00:10:32: Ich glaube, wir müssen zwei Wege gehen.
00:10:34: Wir müssen auf der einen Seite da, wo wir es können, vom politischer Seite auch versuchen, einfach Bürokratie abzubauen und gleichzeitig Das, was sozusagen an Dokumentation und so weiter da ist, ist auch so einfach gestalten mit neuen technischen Methoden und so, dass einfach so wenig Zeit wie möglich dabei drauf geht.
00:10:53: Das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege hieß im Referentenentwurf noch Pflegekompetenzgesetz, auch in der vergangenen Legislaturperiode.
00:11:03: Dem deutschen Gesundheitswesen haftet der Ruf an, immer noch sehr hierarchisch strukturiert zu sein.
00:11:11: Glauben Sie, dass die Ärzteschaft diesen vorgezeichneten Weg der höheren Kompetenz-Zumessung und der höheren Befugnisse für Pflegekräfte mitgeht?
00:11:21: Oder hänge ich da einfach nur irgendeinem alten Klischee an?
00:11:24: Ich glaube, hätte man tatsächlich so ein Gesetz vor zehn, zwanzig Jahren auf den Weg gebracht, wäre wahrscheinlich der Aufschrei aus dem Bereich der Ärzteschaft größer gewesen.
00:11:36: Ich nehme das im Moment nicht so wahr, aber ich glaube, das ist halt auch ein Stück weit dem geschuldet, dass wir mittlerweile den Fachkräftemangel ja nicht nur in der Pflege, sondern auch im ärztlichen Bereich sehen.
00:11:48: Und ich glaube, dass man sich da dann stärker darauf besinnt, wer hat denn welche Kompetenzen.
00:11:53: Und der, der die Kompetenzen hat, sollte sie auch ausführen.
00:11:57: Und wenn wir uns unsere Pflegekräfte anschauen, die sind unglaublich gut ausgebildet.
00:12:02: Die sind extrem kompetent in dem, was sie tun und auch noch hochprofessionell.
00:12:07: Es gibt noch ein zweites Pflegegesetz, das inzwischen in der parlamentarischen Beratung ist.
00:12:12: Und zwar das Pflegefachassistenzeinführungsgesetz.
00:12:15: Ja, was ein wunderschöner Name.
00:12:19: Muss man immer noch einmal Luft holen, bevor man es aufbricht?
00:12:22: Genau.
00:12:23: Im Kern geht das ja hier um die Vereinheitlichung der Ausbildung über die Grenzen der Bundesländer hinweg.
00:12:29: Aber das Alleinenschaft ja noch kein zusätzliches Personal, oder?
00:12:32: Das schafft an sich kein zusätzliches Personal, aber dass man per se sozusagen schon mal einen Rahmen schafft, in dem es für junge Menschen dann künftig möglich sein wird, ohne dass man das Damokless Schwert der Anerkennung über sich schweben sieht, von einem Bundesland ins andere ziehen kann und da trotzdem dann auch seinen Beruf nachgehen kann.
00:12:52: Also ich finde, das kommt nicht zu früh.
00:12:58: Fürchten Sie, dass künftige Pflegefachassistenten und Assistentinnen einfach nur eine billige Alternative sind zu den aufgewerteten und mutmaßlich dann auch etwas teureren Fachkräften?
00:13:10: Das hoffe ich nicht, dass das passiert im Gegenteil.
00:13:12: Ich glaube, es ist ja durchaus auch was Positives innerhalb eines Berufsbildes, dass es die Möglichkeiten gibt, je nachdem, was man selber sich auch vorstellt für seinen Lebensweg, dass jeder individuell dann auch die Möglichkeit hat, einen Aufstieg zu machen und sich weiterzubilden und voranzukommen.
00:13:30: Am Ende des Tages, glaube ich, ist das tatsächlich der richtige Weg, dass wir da jetzt konsequent Schritt für Schritt praktisch auch das Berufsbild der Pflege so ein bisschen rund machen.
00:13:43: So, wir gehen jetzt mal von den Einrichtungen weg und schauen ins Private.
00:13:47: Rund achtzig Prozent der Pflege findet der zu Hause statt.
00:13:51: Meistens durch die Angehörigen.
00:13:53: Die sind sozusagen der größte Pflegedienst in Deutschland.
00:13:57: Aber viele Angehörige, die fühlen sich alleine gelassen.
00:14:00: Wie wollen sie diese Menschen besser unterstützen?
00:14:02: Ich glaube, dass das eine der größten Aufgaben natürlich auch ist.
00:14:07: Ich glaube, jeder Pflegebedürftige, oder nicht mal Pflegebedürftige, sondern jeder Mensch, wenn man fragt, wie stellst du dir denn das vor?
00:14:14: Was ist im Alter, wenn du selber Pflegebedürftige wirst?
00:14:18: Die allermeisten sagen doch, sie wünschen sich, dass das irgendwie zu Hause funktionieren kann.
00:14:23: Und heute erkennen wir ja oft, und ich kenne das tatsächlich aus meinem eigenen persönlichen Erleben, auch in meiner Familie, dass dann, wenn gepflegt werden muss, wenn Angehörige pflegen, das ganz, ganz häufig irgendwann, gerade wenn es über lange Zeit ist, zu extrem herausfordernden Situationen kommt.
00:14:42: Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, die es den Familien ermöglicht.
00:14:47: Weg auch zu gehen.
00:14:49: Heute haben wir oft Situationen, wo das einfach in der Praxis nicht funktioniert, wo man zwar auf dem Papier den Anspruch beispielsweise auf eine Tagespflege oder auf Kurzzeitpflege hat, aber es einfach die Einrichtungen oder die Plätze nicht gibt.
00:15:06: Da bringt mir der Anspruch auf den Papier nix.
00:15:08: Es gibt sehr viele Möglichkeiten, wo wir über eine bessere Verzahnung von ehrenamtlichen Angeboten mit professioneller Pflege, mit dem, was es an Strukturen vor Ort gibt, sehr viel mehr erreichen könnten.
00:15:23: Diese Potenziale heben und nutzen wir aus meiner Sicht im Moment noch zu wenig.
00:15:29: Dafür brauchen wir natürlich vor Ort in den Kommunen auch Strukturen, die so eine Vernetzung herstellen können.
00:15:36: Und ich glaube, damit hätten wir oder könnten wir sehr, sehr viel gewinnen auch.
00:15:41: Ja, da ist ja zum einen die Überlastung im wirklichen, tatsächlich im Pflegebereich, wie Sie es gerade schon angesprochen haben.
00:15:47: Aber oft gibt es ja noch eine weitere Belastung für Familien, und zwar einfach, wenn es ums Finanzielle geht.
00:15:54: Braucht es denn dann vielleicht so eine Art Pflegezeitgeld, analog zum Elterngeld, um Pflege und Beruf besser vereinbaren zu können?
00:16:02: Das ist ja eine Diskussion, die im Moment durchaus auch geführt wird.
00:16:06: Das ist ein Vorschlag, der ganz konkret auch auf dem Tisch liegt, den wir jetzt auch in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Thema Pflege.
00:16:15: auch natürlich mit diskutieren und auch auf der Agenda haben.
00:16:18: Am Ende des Tages muss das alles finanziert werden.
00:16:21: Ich sage immer, es sind eigentlich drei Punkte, die die Familien, die tatsächlich dann in der Pflegesituation sind, betreffen.
00:16:28: Das ist natürlich das organisatorische, das ist die Finanzierung.
00:16:32: Aber jenseits dessen hat das ja alles auch einen sehr starken emotionalen Aspekt.
00:16:37: Und wenn man das erlebt, wie die Familien da teilweise damit kämpfen, zu versuchen, auf der einen Seite dem Wunsch, das Pflegebedürftigen zu Hause bleiben zu können, auch nachzukommen, gleichzeitig die eigene Überforderung spüren.
00:16:55: Dann kommt noch das Finanzielle dazu und die Frage, wie kriege ich es überhaupt organisiert, das ist eine ganz, ganz schwierige Mischung.
00:17:02: Und deswegen glaube ich, dass wir insgesamt an dem System auch arbeiten müssen.
00:17:07: Wir haben aktuellen System, extrem kleinteilig ist, das extrem undurchsichtig häufig ist, auch für diejenigen, die es dann in Anspruch nehmen wollen, wo man gar nicht mehr durchblickt, was habe ich denn jetzt eigentlich überhaupt an Anspruch und was für Leistungen kann ich denn jetzt alle beantragen?
00:17:23: und so weiter?
00:17:25: Also wenn es uns gelingt im Zuge dieser Reform und daran arbeiten wir stark und dafür kämpfe ich auch tatsächlich innerhalb der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, wenn es uns gelingt, dieses System dadurch auch auch zukunftsfest zu machen, indem wir es einfach vereinfachen und diese unglaubliche Kleinteiligkeit auch so ein bisschen zurückdrängen.
00:17:52: Ich glaube, da wäre für alle was gewonnen.
00:17:54: Ich will das nochmal ein bisschen auf den Punkt und zusammenfassen.
00:17:56: Sie sprechen an der Stelle um nicht weniger als die Quadratur des Kreises.
00:18:01: Wir haben weniger Personalaufsicht.
00:18:04: Wir haben die Gruppe der pflegenden Angehörigen, die mutmaßlich kleiner wird.
00:18:11: Die Babyboomer kommen jetzt in die Jahre, wo bei ihnen auch das Pflegerisiko steigt.
00:18:18: Sie haben aber auch nachweislich weniger Kinder in die Welt gesetzt.
00:18:22: Bei all dem soll das Ganze noch bezahlbar bleiben.
00:18:26: Ich will sie nicht in altes Kanzlerinwort reindrängen, aber schaffen wir
00:18:29: das?
00:18:29: Ich glaube, wir können das schaffen, wenn wir uns nicht darauf zurückziehen, zu versuchen, nur das finanzielle Thema zu lösen.
00:18:37: Sondern wir müssen an die Strukturen dran.
00:18:39: Also ich mache Ihnen mal ein ganz konkretes Beispiel.
00:18:42: Ein Bewohner in einer vollstationären Einrichtung mit einem Dauerkatheter, der Dauerkatheter verstopft, in der Einrichtung.
00:18:52: können wir das jetzt nicht lösen, dürfen es nicht lösen, weil es die Pflegekraft dort nicht tun kann, ohne ärztliche Aufsicht.
00:18:59: Dann muss die Pflegekraft dort in der Einrichtung einen Transport organisieren, was Zeit kostet.
00:19:05: Dann wird der Patient in eine Notaufnahme, in eine Klinik gebracht, was natürlich der Transport ein Haufen Geld kostet.
00:19:15: Was passiert dort dann?
00:19:16: Dort macht dann auch eine Pflegekraft diesen Katheter wieder durchgängig.
00:19:21: Da geht man davon aus, da sind ja Ärzte da, deswegen ist es unterärztliche Aufsicht, also da machen wir es dann.
00:19:28: Dann braucht man wieder einen Rücktransport in die Einrichtung, wenn wir uns jetzt auch noch vorstellen, dass diese pflegebedürftige Person vielleicht irgendwie eine demenzielle Erkrankung hat, was ein Ortswechsel für solche Menschen bedeutet.
00:19:40: Das ist ja eine totale Katastrophe.
00:19:42: Also es kostet ein Haufen Geld, es ist extrem zeitaufwendig und es ist überhaupt keine gute pflegerische Versorgung für den pflegebedürftigen, weil für den wäre natürlich viel einfacher und viel weniger Stress behaftet.
00:19:55: und so, wenn das einfach die Pflegekraft in der Einrichtung machen könnte.
00:19:59: Die das kann, von der Ausbildung her kann sie das, sie darf es nur nicht tun.
00:20:04: Da höre ich das Schlagwort Effizienz raus.
00:20:07: Pflege effizienter gestalten.
00:20:09: und trotzdem bleibt noch eine Angst von vielen Menschen und zwar vor hohen Eigenanteilen im Pflegeheim.
00:20:18: Wie lässt sich verhindern, dass Pflegebedürftigkeit zum Armutsrisiko wird?
00:20:23: Also um die Eigenanteile gibt es gerade eine große Debatte, wie was es mit den Investitionskosten in den Einrichtungen, die eigentlich rechtlich gesehen ja von den Ländern getragen werden müssten, das nicht so passiert.
00:20:37: Da gibt es auch eine ganze Reihe an Punkten, die eben durch die Bewohner dann getragen werden müssen, also sowas wie die Ausbildungskosten.
00:20:48: Da gäbe es Möglichkeiten, tatsächlich auch in den Beträgen, was die Zuzahlung anbelangt, runterzukommen.
00:20:57: Auch da muss man natürlich dran gehen.
00:20:59: Wir haben über einen Bereich noch gar nicht gesprochen.
00:21:02: Und der ist mir extrem wichtig, nämlich der Themenbereich der Prävention.
00:21:06: Wir wissen aus ganz, ganz vielen unterschiedlichen Studien, wie viel Prävention in unterschiedlichsten Bereichen sei es tatsächlich im Bereich der Bewegung, Mobilität, im Bereich der Ernährung natürlich und auch im Bereich der mentalen Gesundheit, Schlaf und so weiter, was das bewirken könnte, wenn wir da konsequent auch dran gehen würden.
00:21:32: Ich finde, dass wir in Deutschland dieses Thema zu wenig beleuchten und zu wenig auch versuchen, ganz konsequent an dieses Präventionsthema ranzugehen.
00:21:44: Das gilt für die Breite der Bevölkerung.
00:21:46: Aber selbst in dem Fall, wenn jemand schon tatsächlich ein höheres Alter hat und an den Rand der Pflegebedürftigkeit hinkommt, selbst da könnte man noch extrem viel erreichen, indem man tatsächlich dieses Präventionsthema stärker spielt.
00:22:03: Also dass so wenig Menschen wie möglich Tatsächlich pflegebedürftig werden in Zukunft.
00:22:07: Und es geht halt nun mal nur über Prävention.
00:22:10: Deswegen, da müssen wir dran.
00:22:11: Prävention ist ein ganz großes Thema.
00:22:13: Das werden wir auch in unserer Podcastreihe noch in diesem Jahr angehen.
00:22:17: Vielleicht kommt auch in diesem Zusammenhang das Thema Digitalisierung noch etwas zu kurz.
00:22:23: Sie haben kurz eben angedeutet, was Digitalisierung im Bereich der Bürokratie leisten kann oder in der Entbürokratisierung leisten könnte, kommen wir auf die Behandlung.
00:22:37: Welchen Beitrag kann die Digitalisierung da leisten?
00:22:40: Ich glaube, wenn wir uns anschauen, was es heute schon an Möglichkeiten gibt, an Technologien gibt, der Beitrag kann aus meiner Sicht riesig sein.
00:22:49: Und zwar nicht nur im Sinne von, man versucht jetzt da irgendwie, oder die Angst von vielen Menschen ist ja, Man versucht da jetzt über Roboter und so weiter, so ein bisschen die Pflege auf Maschine abzuwälzen.
00:23:05: Und ganz, ganz viele sagen natürlich verständlich, das ist aber nicht das, was ich will, ich will nicht von dem Roboter gepflegt werden.
00:23:12: Aber das ist überhaupt gar nicht der Punkt, sondern ich glaube Technologien, diese neuen Technologien müssen wir überall da einsetzen, wo sie sozusagen im Hintergrund einen Effekt erzielen können, sodass die Pflegekräfte dann indirekt Kontakt mit den Menschen mehr Zeit haben und mehr Möglichkeiten haben, da einfach dann auch ihre große Stärke auszuspielen, nämlich den direkten Kontakt und das menschliche Miteinander.
00:23:40: Also ich glaube, wir müssen viel mehr die neuen Technologien auch in der Pflege ankommen lassen.
00:23:46: Ich habe jetzt zum Beispiel eine Einrichtung besucht, die mit Sensoren arbeitet zur Sturzprävention.
00:23:55: Wir wurden berichtet von Patienten, wo man dann festgestellt hat, dass die immer zu einer bestimmten Uhrzeit in der Nacht total unruhig wurden im Bett und dann teilweise auch aus dem Bett gefallen sind.
00:24:06: Und dann hat man sich mal auf die Ursachen-Suche begeben und hat dann tatsächlich festgestellt, dass offensichtlich dann über die Nacht hinweg die Schmerzmedikation nicht mehr ausgereicht hat und ausgelaufen ist.
00:24:19: Und dadurch natürlich die Schmerzen zugenommen haben.
00:24:21: Die, die, die, die Bewohner wurden dann entsprechend unruhig in den Betten, sind umeinander gewetzt und sind dann irgendwann halt ausgefallen.
00:24:30: So, und dann hat man tatsächlich einfach die Schmerzmedikation entsprechend angepasst.
00:24:35: Und dann haben die ganz früh geschlafen die ganze Nacht.
00:24:38: So, und das meine ich mit, dass tatsächlich solche Technologien auch wirklich an der Pflege auch tatsächlich eine Verbesserung für den Pflegebedürftigen herbeiführen können, weil solche Beispiele natürlich einfach zeigen, dass eben sehr viel mehr dann dahinter steckt.
00:24:54: und wenn man es gut und klug einsetzt und tatsächlich auch die Daten, die man dann bekommt, entsprechend auch in, ja, so auswertet und sich Gedanken dazu macht, kann das Richtig großen Mehrwert dann auch für die Pflegebedürftigen bieten.
00:25:09: Und ich glaube, genau an diese Themen muss man dran.
00:25:12: Vielen Dank, Frau Stärfler.
00:25:14: Wir kommen langsam zum Ende.
00:25:15: Ich möchte aber mit Ihnen noch einen Blick in die Zukunft wagen.
00:25:19: Wenn wir in zehn Jahren auf die Pflege in Deutschland schauen, was muss bis dahin unbedingt erreicht sein, damit Sie sagen können, es hat sich wirklich was verändert und zwar mit die Erfälzung positiven.
00:25:32: Also ich würde mir wünschen, dass wir dann ein schlankaufgestelltes, aber sehr leistungsfähiges System haben, die Pflegebedürftigen und die Familien sehr stark in den Fokus rückt.
00:25:46: Ich wünsche mir aber, da mache ich mir ehrlich gesagt gar keine Sorgen, dass wir auch weiterhin so super kompetente und gut ausgebildete Pflegekräfte haben.
00:25:58: Ich sehe einfach, dass wir, wenn ich unterwegs bin, mit wie viel Herzblut auch in der Pflege gearbeitet wird und mit was für einer unglaublichen Motivation, die die Pflegekräfte da unterwegs sind, wenn es uns gelingt, dass das auch so bleibt.
00:26:19: dazu oder darüber hinaus, es schaffen, das Berufsbild noch attraktiver zu machen.
00:26:23: Da gehört im Übrigen auch dazu, dass wir mal positiv über dieses Berufsbild sprechen.
00:26:30: Dann glaube ich, haben wir da sehr, sehr viel gewonnen.
00:26:33: Insofern also, die Pflege an sich zu stärken, wäre ein großer Wunsch.
00:26:41: Und darüber hinaus, wenn es uns dann gelingt, dass wir das ganze System, und ich nenne es absichtlich als Letztes, weil die ersten beiden Punkte, glaube ich, sind mir deutlich wichtiger.
00:26:52: Wenn es uns dann darüber hinausgelingt als letzten Punkt, das ganze System noch finanziell so tragfähig aufzustellen, dass das auch langfristig tragfähig ist, dann haben wir echt gewonnen.
00:27:04: Herzlichen Dank, Frau Staffler.
00:27:06: Ich bedanke mich auch ganz herzlich.
00:27:09: Das war Katrin Staffler, die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung.
00:27:12: In der nächsten Folge sprechen wir mit Professor Dr.
00:27:15: Lutz Hager.
00:27:16: Er ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Managed Care.
00:27:21: Mit ihm sprechen wir darüber, wie ambulante und stationäre Versorgung besser verknüpft werden können.
00:27:26: Warum die sogenannten Sektorengrenzen so schwer zu überwinden sind, obwohl genügend Ideen auf dem Tisch liegen.
00:27:32: Was er von dem geplanten Primärarztsystem hält.
00:27:36: und wo und wie Digitalisierung helfen kann.
00:27:39: Falls ihr, falls Sie Fragen haben, schreiben Sie uns gerne an redaktion.gg-digital.de oder schreibt einen Kommentar bei Spotify.
00:27:53: Und abonniert unseren Kanal auch sehr gerne.
00:27:55: Bis zum nächsten Mal.
00:27:59: Trends und Perspektiven der Gesundheitspolitik beim G&G-Kassentreffen.
00:28:03: Weitere Infos
00:28:04: finden Sie unter www.gg-digital.de.
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